Bertram Jesdinsky
01.04. – 07.08.2022
Kuratiert von Dieter Schwarz
Der 1960 in Bonn geborene Bertram Jesdinsky gründete 1980 mit Freunden die Anarchistische GummiZelle, malte Graffiti und Spraybilder auf Wänden von Abrisshäusern und auf leerstehenden Plakatstellen, produzierte Musik, Super 8-Filme und Performances. Seine Bilder erweiterte er zu begehbaren Skulpturenräumen. Die kleinen Objekte, die dazugehörten, umreißen die Welt, die ihn faszinierte – der bundesrepublikanische Alltag seiner Kinderjahre. Dazu gehören auch die Küchenmaschinen, die er wegen ihrer Skurrilität sammelte.
In Jesdinskys Bildern spielen Tiere eine wichtige Rolle. Sie sind scherenschnittartig und in starken Farben wiedergegeben. Die Bilder einer zukunftsfrohen Welt von Autobahnen und Straßenbahnen sind graphisch konzipiert, die Figuren stehen vor einem leuchtend farbigen Grund. Sie erzählen Geschichten voller präzis beobachteter Details, zwischen denen die Tiere ihr Unwesen treiben. Es gibt auch gemalte Teppiche, in denen Figuren in ornamentale Muster verwandelt werden.
Jesdinsky ging bald dazu über, seine Motive auch plastisch auszuarbeiten. Er wählte dafür leicht zu bearbeitende Wellpappe, die er mit Epoxydharz beschichtete. Durch den strahlenden Glanz des Harzes wirkt die Pappe wie Keramik. Am prächtigsten ist die Giraffenkönigin mit Zepter, die einen mit Häuschen besetzten Autoreifen neben sich liegen hat.
Jesdinsky liebte das Spiel mit den Materialien: Für den Bären fertigte er ein Fell mit Abgüssen von 5 DM-Stücken an. Die Oberfläche des Pferdes ist aus verzinktem Lochblech, der Körper des Glücksschweins aus bedrucktem Leinen, der auf den Vorderbeinen tänzelnde Hund aus Aluminiumfolie. Für den Hirschen nahm Jesdinsky Kupferplatten und patinierte sie mit Säure. Dabei tropfte die Flüssigkeit auf ein Blech, das oxidierte und überraschende Effekte hervorbrachte. Jesdinsky hatte eben mit dieser den Zufall nutzenden Malerei begonnen, als er 1992 in Wuppertal aus dem Leben schied.
Dieter Schwarz